Außerfachliche Qualifikation im Fokus

Jede Organisation wird vor allem durch die in ihr arbeitenden Menschen geprägt. Dies gilt in besonderem Maße in Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen, sie sich durch die Vielfalt ihrer Mitglieder auszeichnen, die in intensiven Kooperationsbeziehungen zueinander stehen.
Während bei der Auswahl von wissenschaftlichem Personal unterhalb der Ebene der Professur und für das administrative Personal bereits seit Jahren auch auf die sozialen Kompetenzen von Bewerberinnen und Bewerbern geachtet wird, ist die Auswahl von Professorinnen und Professoren nach wie vor von der Suche nach vor allem fachlicher Exzellenz geprägt. Dabei ist die Kooperationsfähigkeit und damit die soziale Kompetenz von Professorinnen und Professoren enorm wichtig. Nur mit Kollegialität, Team-Arbeit, geteilter Verantwortung und Engagement für die gemeinsamen Aufgaben funktioniert die Akademische Selbstverwaltung in der Hochschule – mit all den vielfältigen Anforderungen des modernen Wissenschaftsmanagements.

Selbstselektion und Selbstauskunft

Berufungen an Universitäten sind besondere Auswahlprozesse, die sich in vielerlei Hinsicht von Personalauswahl in anderen Organisationen unterscheiden: Ein Kollegialorgan (die Berufungskommission) trifft eine Entscheidung über die Aufnahme eines künftigen Fakultätsmitglieds, das über eine enorme Autonomie in der Ausübung des Professorenamtes verfügen wird. Eine klassische Vorgesetztenfunktion gibt es für Professorinnen und Professoren nicht – und damit auch niemanden, der das Verhalten oder die fachliche Leistung in Forschung und Lehre bewertet und steuernden Einfluss nehmen wird.

Anstatt gängige diagnostische Instrumentarien einzusetzen, die auf eine Fremdeinschätzung der Bewerberinnen und Bewerber abzielen, setzen wir Ansätze ein, die auf Selbstselektion und Selbstauswahl beruhen. Anders ausgedrückt: Wir gehen nicht davon aus, durch besondere Fragetechniken oder durch Persönlichkeitstests herauszufinden, wie ein Bewerber/eine Bewerberin ‚tickt‘, oder Bewerber zu ‚durchschauen‘, um dann zu beurteilen, ob diese Person den gesetzten Kriterien entspricht. Vielmehr wird an die Autonomie und Eigenverantwortlichkeit des Professorenamtes direkt angeschlossen, indem die Selbsteinschätzung der Bewerberinnen und Bewerber abgefragt wird. Auswahlkommission und Bewerber begegnen sich in diesem Prozess auf Augenhöhe. Die Auswahlkommission zeichnet ein möglichst klares und konkretes Bild von dem, wie sie sich die Zusammenarbeit vorstellt und von den Verhaltensweisen im Rahmen außerfachlicher Kompetenz, die sie sich wünscht. Die Bewerber sprechen über sich und ihre Selbsteinschätzung, und geben auf biografische Fragestellungen Beispiele für Verhalten, das sie bereits gezeigt haben.
Mit diesem Ansatz liegt ein großer Teil der konzeptionellen Arbeit für das Berufungsverfahren auf Seiten der Auswahlkommission, die sich darüber klar werden muss, welche Wünsche und Anforderungen im Feld von Kooperationsfähigkeit und außerfachlicher Kompetenz sie an die künftige Kollegin/den künftigen Kollegen überhaupt stellt.

Wir entwickeln für jedes Auswahlverfahren gemeinsam mit der jeweiligen Berufungskommission ein en individuellen Reflexionsbogen und brechen die gewünschten außerfachlichen Kompetenzen auf die Verhaltensebene herunter, um sie beschreibbar und beobachtbar zu machen.

Wir unterstützen die Kommissionsvorsitzenden sowie die gesamte Berufungskommission im Laufe des Verfahrens. Auf Wunsch nehmen wir an den Auswahlgesprächen teil und führen auch einen Teil der Gespräche.